Bike & Hike Ortles
Hochalpines Biken wird immer beliebter. Man sieht inzwischen die verrücktesten Dinge …Wo führt das hin? Ist dies Selbst-Inszenierung oder sind es einfach nur Menschen die ihrer Leidenschaft – so wie andere Sportbegeisterte – nachgehen. Habe mir die Zeit genommen, das Verhalten von Menschen ein bißchen genauer zu beobachten, die die Berge besteigen; welche fotografisch festgehaltene Gesten und Kommentare z.B. nach einer Gipfelbesteigung im Netz gepostet werden.
Genauso habe ich mir die Zeit genommen Biker im Netz zu beobachten, die ihr Bike auf einen Gipfel hoch tragen. FB sieht dabei alles Mögliche …Aber irgendwie bei fast allen das gleiche. Einerseits Freude und Genugtuung, dass der Gipfel geschafft wurde, jedoch erkennt man ganz oft das Victory-Zeichen oder andere Siegesgesten; egal ob es sich um Bergsteiger, Skitourengeher, Gipfelbiker oder andere outdoor-Begeisterte handelt.
Sehr oft wird dabei die Marke des Sportgerätes gezeigt und gepostet, mit dem man den Gipfel erklommen hat. Ich habe manchmal den Eindruck, dass Berge inzwischen dazu da sind Marken ins Blickfeld zu bringen. Bei einigen hat man das Gefühl, dass Sie nur auf den Berg hochsteigen, um ein Victory-Zeichen oder eine Marke zu präsentieren und sich in allen möglichen Positionen ans Gipfelkreuz hängen …Ich glaube jedoch nicht, dass alle die ihr Bike, ihre Skier, ihre Schuhe oder was auch immer vor die Linse halten gesponsert werden!
Warum also macht man das dann?
Ganz eigenartig finde ich es, wenn Menschen auf einen Berg steigen und Gesten des Sieges in die Welt jagen. Berge sind wohl nicht da, um besiegt zu werden oder? Da fehlt mir ein wenig die Ehrfurcht vor der Natur und Schöpfung. Aber vielleicht bin ich einfach nur zu alt, um das zu verstehen.
Wie gesagt,ich habe dieses Verhalten nun schon einige Jahre lang beobachtet und mir meine Gedanken darüber gemacht, vieles auch auf mich bezogen und in Frage gestellt: Ist es wirklich gut, wenn ich auf über 3000 m mein Bike herumschleppe, um eine gute Abfahrt zu finden? Gehört das Bike eigentlich dorthin? In meinem Buch „Mountainbiken im Vinschgau“ habe ich einige Hochgebirgstouren veröffentlicht, über die man sicher geteilter Meinung sein kann. Bei der Bildstöckljoch-Tour z B. – bei der ich ganz klar geschrieben habe, dass die Tour nur für absolute Könner geeignet ist – werden Leute angetroffen, die auch ohne Bike schon ihre Schwierigkeiten hätten den Übergang zu meistern. Ich frage mich wirklich oft, was geht in den Köpfen solcher Menschen vor.
Warum macht man das eigentlich wenn man nicht die körperlichen und fahrtechnischen Voraussetzungen dafür hat. Das kann doch nicht Spass machen oder?
Für mich selber habe ich eine klare Antwort: Für mich ist es ein absolut faszinierendes persönlicher Gefühl der Freiheit eine solche Abfahrt zu finden und zu meistern. Bin jedes Mal dankbar wenn ich die Zeit finde und losziehen darf. Ein ähnliches Gefühl habe ich im Winter beim Skibergsteigen: Mit den Skiern eine tolle Abfahrt zu meistern. Was für ein Gefühl der Schwerelosigkeit kommt da auf wenn alles passt. Natürlich sind diese Sportarten nicht ungefährlich, das muss jeden bewusst sein, ich finde jedoch, dass jeder für sich selber verantwortlich ist und auch mit den eventuellen Konsequenzen leben muss. Es gibt wohl keine Sportart die Lebensgeister weckt und ungefährlich ist. Es ist immer eine Gratwanderung und das komische dabei…. je größer die Herausforderung um so größer die Genugtuung und die Freude wenn man es schafft.
Unterschied zwischen Sommer und Winter kenne ich nur einen. Im Winter finde ich die gezogenen Spuren im Schnee wie eine Zeichnung in der Landschaft, im Sommer hingegen werde ich über mich selber grantig wenn ich zu viele Spuren auf den Wegen hinterlasse.
Als ich vor mittlerweile fast 4 Jahren Thomi Giger – den Herausgeber den Magazins RIDE – kennenlernen durfte habe ich bemerkt, dass er sich auch sehr viele Gedanken zum Bike-Sport macht. Irgendwann bei einer gemeinsamen Tour haben wir wieder mal über Sinn und Unsinn den hochalpinen Bikens diskutiert und sind zum Schluss gekommen, dass es wohl nicht schlecht wäre eine Diskussion dazu zu eröffnen. Wir haben uns den höchsten Berg Südtirols als Schauplatz ausgesucht, den 3905 m hohen Ortler. Mit dabei war die Bergsteigerschule „feel the mountains“ mit Toni Stocker aus Prad.
Der Plan: Das Bike mit zur Payerhütte nehmen, dort Übernachten, am Morgen Aufstieg ohne Bike zum Gipfel, Abstieg zur Payerhütte und Abfahrt über die Bergelhütte nach Trafoi. Ganz klassisch eigentlich, nur dass das Bike bis auf 3000 m mit dabei war, und das in einem doch recht schwierigen Gelände.
Nach ein bisschen Grübeln habe ich mich entschlossen bei dieser Aktion dabei zu sein. Dass so was für mich eine coole Sache ist steht außer Frage, eher geht es um Ethik in den Bergen und um der Frage was wird in den nächsten Jahren in dieser Hinsicht noch alles auf den Bergen und der Natur zukommen. Die Sportgeräte werden immer besser, der Sportler der sich mit der MTB Fahrtechnik befasst auch, und die Ziele immer ausgefallener. Was vor einigen Jahren noch fast unmöglich war, geht jetzt recht problemlos.
Im Frühjahr 2017 wird im RIDE-Magazin eine Fotostory zu diesem Thema erscheinen.
Bis dahin können sich alle mal hier ein bisschen mit Kommentaren austoben, die ich gerne sammle und an RIDE weitergebe.
Eine Bitte habe ich jedoch: Bitte bleibt sachlich, Beschimpfungen und unsachliche Kommentare werden vom Blog entfernt.